Arzneimittel-Medizinprodukt Kombinationen

1. Welchen Rechts- und Leitlinienrahmen gibt es zu Arzneimittel-Medizinprodukt-Kombinationen (drug device combination) in der EU?

Zunehmend werden Arzneimittel in Kombination mit einem Medizinprodukt / Medizinproduktkomponente vermarktet, häufig um die Verabreichung des Arzneimittels zu ermöglichen.

Die Verordnungen über Medizinprodukte (Verordnung (EU) 2017/745) und über In-vitro-Diagnostika (Verordnung (EU) 2017/746) haben den europäischen Rechtsrahmen für Medizinprodukte geändert. Die Medizinprodukteverordnung gilt seit dem 26. Mai 2021 und hebt die Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte und die Richtlinie 90/385/EWG über aktive implantierbare Medizinprodukte auf. Die Verordnung über In-vitro-Diagnostika gilt seit dem 26. Mai 2022 und hebt die Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates über In-vitro-Diagnostika auf.

Artikel 117 der MDR ergänzt die EU-Verordnung 2001/83/EG über Dokumente, die den zuständigen Arzneimittelbehörden für integrale Arzneimittel-Medizinprodukt-Kombinationen vorzulegen sind, die unter den zweiten Unterabsatz von Artikel 1 Absatz 8 oder Artikel 1 Absatz 9 fallen.

Kommt dem Arzneimittel die hauptsächliche und keine unterstützende Funktion zu, so unterliegt das Gesamtprodukt der EU-Arzneimittelgesetzgebung (Richtlinie 2001/83/EG oder Verordnung (EG) Nr. 726/2004) und muss eine Marktzulassung für ein Arzneimittel erhalten. Für die Medizinproduktkomponente der Kombination ist eine Konformitätsbewertung (EU-Konformitätserklärung, CE-Zertifikat oder Bewertung einer Benannten Stelle, je nach Erfordernis) nötig.

Darüber hinaus sind die EMA-Qualitätsleitlinie (EMA/CHMP/QWP/BWP/259165/2019, „Guideline on quality documentation for medicinal products when used with a medical device“, gültig seit 01.01.2022) und das EMA-Q&A-Dokument in der aktuellen Revision (EMA/37991/2019, „Questions & Answers for applicants, marketing authorization holders of medicinal products and notified bodies with respect to the implementation of the Regulations on medical devices and in vitro diagnostic medical devices (Regulations (EU) 2017/745 and (EU) 2017/746)" zu beachten.

2. Kann eine Medizinproduktkomponente auch Teil der (Primär-) Verpackung sein?

Wie aus den entsprechenden Gesetzes- und Leitlinientexten hervorgeht, ist es je nach Kombination möglich, dass die Medizinproduktkomponente auch Bestandteil der
Primärverpackung ist.

Weiters gilt: sobald ein Bestandteil des (Primär)- Verpackungssystems als Medizinproduktkomponente eingestuft wird, wird das gesamte (Primär)- Verpackungssystem als Medizinproduktkomponente eingestuft.

Beispiele hierfür wären Augentropfen in Mehrdosenbehältnissen (Flasche – Tropfer – Verschluss), Nasensprays in Mehrdosenbehältnissen (Flasche – Sprühkopf/Aktuator – Verschluss) oder Druckgasinhalator (Druckgaskammer – Ventil – Mundstück – Verschluss).

3. Sonderfall: Augentropfen in Mehrdosenbehältnissen - Tropfer

Häufig wird der 1. Absatz der EMA Q&A #2.1 („when is my medical device considered to form an integral product with a medicinal product”) von den Antragstellern zur Argumentation herangezogen, dass der Tropfer von Augentropfen in Mehrdosenbehältnissen als Verpackungskomponente gesehen wird und daraus schlussgefolgert wird, dass der Tropfer keine Medizinproduktkomponente ist. Hier sei erwähnt, dass auch der darunter liegende Absatz derselben EMA Q&A #2.1 („note“) zu berücksichtigen ist, dass - je nach Besonderheit bzw. Funktionalität - der Tropfer auch eine Medizinproduktkomponente sein kann (beispielsweise, wenn der Tropfer zwar keine Messfunktion hat, aber ein komplexes Verabreichungssystem mit Abgabefunktion darstellt und/oder für die Verhinderung einer mikrobiellen Kontamination des Arzneimittels verantwortlich ist).

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