Medizinproduktebetreiber
Anforderungen an Gesundheitseinrichtungen und Angehörige von Gesundheitsberufen im Zusammenhang mit Medizinprodukten
Die Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte (MDR), die Verordnung (EU) 2017/746 über In-vitro-Diagnostika (IVDR) sowie das Medizinproduktegesetz 2021 (MPG 2021), BGBl. I Nr. 122/2021, idgF definieren die Anforderungen an Gesundheitseinrichtungen und Angehörige von Gesundheitsberufen im Zusammenhang mit Medizinprodukten.
Einen Überblick über die Anforderungen finden Sie in der Checkliste für Gesundheitseinrichtungen.
Fachpersonen, die Medizinprodukte anwenden oder betreiben, sowie technische Sicherheitsbeauftragte von Krankenanstalten haben schwerwiegende Vorkommnisse, die ihnen auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit bekanntgeworden sind, unverzüglich dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) zu melden. Der Hersteller oder gegebenenfalls der Bevollmächtigte des Produktes ist ebenfalls darüber zu informieren. Bei Krankenanstalten haben diese, außer bei sonstiger Gefahr im Verzug, einheitlich im Wege des ärztlichen Leiters zu erfolgen.
Als schwerwiegendes Vorkommnis wird ein Vorkommnis bezeichnet, das direkt oder indirekt eine der nachstehenden Folgen hatte, hätte haben können oder haben könnte:
- den Tod eines Patienten, Anwenders oder einer anderen Person,
- die vorübergehende oder dauerhafte schwerwiegende Verschlechterung des Gesundheitszustands eines Patienten, Anwenders oder anderer Personen,
- eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Gesundheit.
Besteht der Verdacht auf Fälschung eines Medizinproduktes, so ist dies unverzüglich dem BASG zu melden.
In Vorkommnisse involvierte Produkte dürfen nicht vernichtet werden, sondern sind einer Ursachenanalyse zuzuführen. In diesem Zusammenhang ist die Einrichtung des Gesundheitswesens verpflichtet, die Rechtsposition des Patienten oder allfälliger Hinterbliebener im Hinblick auf die Bedeutung des Medizinprodukts für die Durchsetzung allfälliger Haftungsansprüche zu wahren.
Information der Patient:innen
über Gesundheitsgefährdungen durch Implantate (§ 41 Abs. 4 MPG 2021)
Im Zusammenhang mit
- Sicherheitsanweisungen im Feld, oder
- Mitteilungen des BASG über bestehende Gesundheitsgefahren durch Implantate,
haben die für die Implantation verantwortlichen Gesundheitseinrichtungen oder Ärzte ihre Patient:innen nachweislich und ohne unnötigen Aufschub über die Gesundheitsgefährdungen durch Implantate zu informieren.
System zur eindeutigen Produktidentifikation
Art. 27 Abs. 9 MDR bzw. Art. 24 Abs. 9 IVDR
Gesundheitseinrichtungen sind verpflichtet, die eindeutige Produktkennung (Unique Device Identifier – UDI) von implantierbaren Produkten der Klasse III, die sie abgegeben oder bezogen haben, zu erfassen und zu speichern. Das Erfassen und Speichern sollten vorzugsweise auf elektronischem Wege stattfinden.
Zudem ist die UDI bei Meldungen zu schwerwiegenden Vorkommnissen anzugeben, um eine korrekte Identifizierung des betroffenen Produkts zu ermöglichen.
Mit der MDR und der IVDR wurde ein neues System zur eindeutigen Produktidentifikation, das sogenannte Unique Device Identification System („UDI-System“) eingeführt. Das UDI-System soll die Identifizierung und Rückverfolgung von Medizinprodukten erleichtern. Der Hersteller bringt dafür eine UDI auf dem Produkt selbst sowie auf allen höheren Verpackungsebenen an. Die UDI stellt eine zusätzliche Kennzeichnung dar und wird in der Regel sowohl maschinenlesbar (beispielsweise durch lineare 1D-Strichcode, 2D-Matrix-Strichcodes oder RFID) als auch in für Menschen lesbarer Form (als numerischer oder alphanumerischer Code) angeführt. Für die Implementierung des UDI-Systems sind je nach Risikoklasse des Produkts unterschiedliche Übergangsfristen festgelegt. Ab Mai 2027 wird die UDI auf Produkten sämtlicher Risikoklassen zu finden sein.
In-House Produkte
Art. 5 Abs. 5 MDR bzw. Art. 5 Abs. 5 IVDR
Gesundheitseinrichtungen haben die Möglichkeit, Produkte hausintern herzustellen und zu verwenden, um auf die spezifischen Bedürfnisse von Patientenzielgruppen einzugehen, die nicht durch ein gleichartiges auf dem Markt verfügbares Produkt befriedigt werden können. Bei der Herstellung und Verwendung derartiger „In-House“ Produkte, sind die Anforderungen des Art. 5 Abs. 5 MDR bzw. IVDR zu beachten. Beispielsweise haben Gesundheitseinrichtungen eine öffentliche zugängliche Erklärung zu verfassen, die Name und Anschrift der Gesundheitseinrichtung, die für die Identifizierung der Produkte erforderlichen Angaben sowie eine Erklärung zur Erfüllung der Grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen gemäß Anhang I MDR bzw. IVDR beinhalten muss.
Zusätzliche Erläuterungen zu den Anforderungen für In-House Produkte finden sich in diesem Guidance Dokument.
Einmalprodukte und ihre Aufbereitung
Art. 17 MDR
Die Aufbereitung und Wiederverwendung von Einmalprodukten sind nur zulässig, wenn sie nach nationalem Recht gestattet ist. In Österreich ist sowohl die Aufbereitung als auch die Wiederverwendung von Einmalprodukten nicht gestattet.
Implantationsausweis
Art. 18 MDR und § 50 Abs. 2 MPG 2021
Gesundheitseinrichtungen müssen Patient:innen, denen ein Produkt implantiert wurde, Informationen über die jeweiligen Produkte zur Verfügung stellen. Zusätzlich ist diesen Patient:innen ein Implantationsausweis durch die Gesundheitseinrichtung auszustellen. Der Implantationsausweis wird der Gesundheitseinrichtung durch den Hersteller zur Verfügung gestellt und ist durch die Gesundheitseinrichtung zu vervollständigen. Gesundheitseinrichtungen haben hierbei folgende Informationen anzuführen:
- Patientenname oder Patienten-ID
- Name und Adresse der Gesundheitseinrichtung, welche die Implantation durchgeführt hat
- Implantationsdatum
Von der Verpflichtung des Implantationsausweises ausgenommen sind: Nahtmaterial, Klammern, Zahnfüllungen, Zahnspangen, Zahnkronen, Schrauben, Keile, Zahn- bzw. Knochenplatten, Drähte, Stifte, Klemmen und Verbindungsstücke.
Weitere Informationen zum Implantationsausweis finden Sie in diesem Guidance Dokument.
Ausnahmegenehmigung
Art. 59 MDR bzw. Art. 54 IVDR
Auf Antrag kann das In-Verkehr-Bringen und die Inbetriebnahme einzelner Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika, bei denen das Konformitätsbewertungsverfahren und die CE-Kennzeichnung nicht durchgeführt wurden, bewilligt werden.
Eine Ausnahmegenehmigung kann nur erteilt werden, wenn im Hinblick auf die ausreichende Versorgung mit sicheren und leistungsfähigen Medizinprodukten oder In-vitro-Diagnostika die Anwendung dieses im Interesse der öffentlichen Gesundheit oder der Patientensicherheit oder -gesundheit liegt und gleichwertige Produkte, bei denen das Konformitätsbewertungsverfahren und die CE-Kennzeichnung bereits durchgeführt wurden, nicht oder nicht ausreichend verfügbar sind. Die Ausnahmegenehmigung kann befristet oder mit Auflagen erteilt werden.
Ausnahmegenehmigungen sind grundsätzlich auf Notfälle im Interesse des Gesundheitsschutzes beschränkt und nicht für eine frühzeitige Inverkehrbringung vor Abschluss von klinischen Prüfungen oder eines laufenden Konformitätsbewertungsverfahrens und ähnlichem vorgesehen. Es wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass für solche Produkte ein ärztlicher Bedarf indiziert ist. Ein anderer Bedarf stellt keinen ausreichenden Grund für eine vorzeitige Inverkehrbringung durch das Mittel einer Ausnahmegenehmigung dar.
Allfällige Ausnahmegenehmigungen werden bei Vorliegen aller notwendigen Voraussetzungen mittels Bescheides an die beantragende Institution ausgestellt. Der aktuelle Gebührentarif des BASG ist zu beachten.
Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ist mittels E-Mail an medizinprodukte@basg.gv.at zu beantragen.
Errichten, Betreiben, Anwenden und Instandhalten von Medizinprodukten
§§ 49 ff MPG 2021
Anforderungen an Gesundheitseinrichtungen für das Errichten, Anwenden und Instandhalten von Medizinprodukten sind im 8. Abschnitt des MPG 2021 geregelt.
Von Relevanz sind:
- Allgemeine Anforderungen
- Inbetriebnahme, Anwendung
- Informationen für Anwender
- Einweisung des Personals
- Bestandsverzeichnis
- Instandhaltung von Medizinprodukten
- Wiederkehrende sicherheitstechnische Prüfung
- Auswertung und Dokumentation der Prüfungen, Gerätedatei
- Eignung für Prüfungen
- Vermeidung von Gefährdungen
Für Produkte, die noch unter den Richtlinien 93/42/EWG, 98/79 EG oder 90/385/EWG in Verkehr gebracht werden, ist zusätzlich die Medizinproduktebetreiberverordnung zu beachten. Für alle anderen Medizinprodukte wurde bislang keine thematisch entsprechende Verordnung seitens des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz erlassen (§61 MPG 2021 sieht eine solche Verordnungsermächtigung vor).
Reinigung, Desinfektion und Sterilisation von Medizinprodukten
§ 62 MPG 2021
Reinigung, Desinfektion und Sterilisation von Medizinprodukten sind - unter Berücksichtigung der Art der Medizinprodukte - mit solchen Geräten oder Gerätesystemen und geeigneten validierten Verfahren so durchzuführen und zu organisieren, dass der Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet ist und die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten nicht gefährdet wird.
Informationsquelle EUDAMED
Art. 33 MDR bzw. Art. 30 IVDR
Ein zentrales Element der MDR bzw. der IVDR ist die Implementierung der Europäischen Datenbank für Medizinprodukte (EUDAMED). Diese soll die Transparenz u.a. durch besseren Zugang zu Informationen für die Öffentlichkeit und Angehörige der Gesundheitsberufe erhöhen. In EUDAMED werden sechs verschiedene Module integriert:
- Registrierung der Wirtschaftsakteure
- UDI/Medizinprodukte-Registrierung
- Benannte Stellen und Zertifikate
- Klinische Studien und Leistungsstudien
- Vigilanz (Aufzeichnung und Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld) und Überwachung nach dem Inverkehrbringen
- Marktüberwachung
Angehörige der Gesundheitsberufe haben die Möglichkeit Informationen über auf dem Markt befindliche Produkte in EUDAMED zu beziehen. Dies inkludiert beispielsweise Sicherheitsinformation sowie den Kurzbericht über Sicherheit und klinische Leistung. Bitte beachten Sie, dass EUDAMED sich derzeit noch in Entwicklung befindet. Eine Übersicht über den aktuellen Status finden Sie auf der Webseite der Europäischen Kommission.