Homöopathische Arzneimittel
1. Was ist ein homöopathisches Arzneimittel?
Homöopathische Arzneimittel werden aus homöopathischen Ursubstanzen durch spezielle homöopathische Zubereitungsverfahren hergestellt. Diese Herstellungsverfahren sind im Europäischen Arzneibuch oder einem anderen aktuellen offiziell gebräuchlichen Arzneibuch eines EWR-Landes definiert.
2. Was ist der Unterschied zwischen einem zugelassenen und einem registrierten homöopathischen Arzneimittel?
Für eine Zulassung muss der Nachweis der spezifischen homöopathischen Wirksamkeit erbracht werden. Dies kann durch klinische Prüfungen oder durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Literatur (z.B. Monographien der Kommission D des ehemaligen BGA in Deutschland) erbracht werden. Zugelassene homöopathische Arzneispezialitäten erhalten eine den Unterlagen entsprechende Indikation. Registrierte homöopathische Arzneimittel enthalten weder im Namen, noch in der Kennzeichnung und Gebrauchsinformation eine Indikation.
Die homöopathische Verwendung der konzentrierten Zubereitung muss aufgrund entsprechenden bibliogaphischen Daten begründet werden (siehe HMPWG document “Points to consider on the justification of homeopathic use of the stock”).
Die Wirkstoffe müssen so weit verdünnt werden, dass die Unbedenklichkeit der Arzneispezialität gewährleistet ist. Die Art der Anwendung registrierter homöopathischer Arzneimittel ist auf die orale und äußerliche Anwendung limitiert.
3. Welches Antragsformblatt ist für die (nationale) Zulassung einer homöopathischen Arzneispezialität zu verwenden?
Informationen zur Übermittlung von Unterlagen siehe Leitfaden: elektronische Einreichverordnung EEVO (L_Z45).
Wenn Sie beabsichtigen, ihre Homöopathische Arzneispezialität gemäß AMG §10a in Verbindung mit §9b zuzulassen, sind entsprechende Abschnitte des Dossiers zu befüllen, wie zB Modul 1.5 (Begründung, weshalb die Antragsart ‚bibliographische Zulassung‘ zutreffend ist: der/die Wirkstoffe sind seit mehr als 10 Jahren in allgemeiner medizinischer Verwendung; sämtliche in §9b definierten präklinischen und klinischen Aspekte sind durch Literatur abgedeckt), detaillierte Diskussion der Literatur zur Präklinik und Klinik in den Modulen 2.4 und 2.5, detaillierte Darlegung der Daten zur allgemeinen medizinischen Verwendung seit mindestens 10 Jahren in Modul 2.5, sowie in den Modulen 4 und 5 die verwendeten Literaturreferenzen.
4. Welches Antragsformblatt ist für die nationale Registrierung von homöopathischen Arzneispezialitäten zu verwenden?
Informationen zur Übermittlung von Unterlagen siehe Leitfaden: elektronische Einreichverordnung EEVO (L_Z45).
5. Welche regulatorischen Guidelines/Listen können für homöopathische Arzneimittel herangezogen werden?
Auf europäischer Ebene ist die Homeopathic Medicinal Products Working Group (HMPWG) der Heads of Agencies (HMA) um Harmonisierung bemüht. Nützliche Hinweise auf der Webseite der HMPWG.
7. Welche Anforderungen werden an die Qualität homöopathischer Arzneimittel gestellt?
Der Umfang der einzureichenden Unterlagen orientiert sich am Annex I der Dir. 2001/83 sowie an weiteren Guidance Dokumenten zur Qualität homöopathischer Arzneimittel, die auf der Webseite der HMPWG zu finden sind.
8. Sind Stabilitätsprüfungen für homöopathische Arzneimittel erforderlich?
Wirkstoff:
Gemäß „Points to consider on Stability Testing of HMPs“ der HMPWG sind die konzentrierten Zubereitungen (z.B. Urtinkuren) entweder einer Stabilitätsprüfung gemäß CPMP/QWP/122/02 zu unterziehen oder vor weiterer Verarbeitung auf Konformität mit der Spezifikation zu prüfen. Gemäß Annex I der Dir. 2001/83 können Stabilitätsdaten von homöopathischen konzentrierten Zubereitungen (z.B. Urtinkuren) auf daraus erhaltene Dilutionen bzw. Triturationen angewendet werden. Die Haltbarkeit der Dilutionen/Triturationen darf diejenige der konzentrierten Zubereitung nicht überschreiten.
Fertigprodukt:
Die Stabilitätstests beinhalten grundsätzlich alle jene Kriterien, die im Europäischen Arzneibuch für die konkrete Arzneiform vorgesehen sind. Darüber hinaus sollen physikalische Parameter (z.B. Ethanolgehalt, Dichte) erhoben werden. Auf wirkstoffbezogene Prüfungen (z.B. in Form von chromatographischen Fingerprints) kann nur dann verzichtet werden, wenn belegt werden kann, dass durch den Grad der Verdünnung die Konzentration des Wirkstoffs unter der Nachweisgrenze der analytischen Methode liegt.
9. Können homöopathische Arzneimittel in MR-/DC-Verfahren registriert bzw. zugelassen werden?
Europäische Verfahren können bei registrierten homöopathischen Arzneispezialitäten angewendet werden. Für zugelassene homöopathische Arzneispezialitäten gelten die gleichen Rahmenbedingungen für europäische Verfahren wie für andere zugelassene Arzneispezialitäten. In der Planung eines MR-/DC-Verfahrens sollten aber nationale Sonderregelungen für die Zulassung homöopathischer Arzneispezialitäten beachtet werden.
10. Pyrrolizidinalkaloide (PA): Müssen alle homöopathischen Arzneimittel mit pflanzlichen Wirkstoffen auf PA analysiert werden?
Aktuell nein.
Die Liste der zu untersuchenden Pflanzen und Zubereitungen daraus sowie die erforderlichen Maßnahmen siehe Nr. 15 FAQs zu pflanzlichen Arzneimitteln. Zusätzlich sind jene Zubereitungen zu untersuchen, die von Pflanzen gewonnen werden, die selbst PA biosynthetisieren (z.B. Arten der Gattungen Cynoglossum, Petasites, Senecio, Jacobaea, Symphytum, Eupatorium, Tussilago).
Zubereitungen in homöopathischen Arzneispezialitäten zur innerlichen Anwendung ab einer Verdünnung von D6 und zur äußerlichen Anwendung ab einer Verdünnung von D4 sind von den verpflichtenden Analysen ausgenommen.
Bei Zubereitungen in niedrigeren Potenzen kann, bei entsprechend niedriger Dosierung, auch eine rechnerische Risikobewertung ausreichend sein. Ein worst case Szenario ist für die Berechnungen anzuwenden (bisher publizierter Höchstwert in Teedrogen: 3430 µg/kg, Annahme einer vollständigen Extraktion).
11. Pyrrolizidinalkaloide (PA): Welche Grenzwerte an PA sind für homöopathische Arzneimittel anzuwenden?
Es gelten die gleichen Grenzwerte wie für pflanzliche Arzneimittel.
Das Limit von 1,0 µg PA bezogen auf die maximale Tagesdosis der Arzneispezialität für einen Erwachsenen darf nicht überschritten werden. Für Kinder und Jugendliche ist das Limit auf Basis einer maximalen täglichen Exposition von 0,0237 µg/kg Körpergewicht zu ermitteln. Das zur Berechnung herangezogene Körpergewicht soll anerkannten Quellen entnommen sein, wobei solche Wachstumstabellen anzuwenden sind, in denen ein Erwachsener mit 50 kg angegeben wird. Im Fall, dass das Arzneimittel in verschiedenen Altersgruppen mit unterschiedlichen Dosierungen angewendet wird, ist das niedrigste Limit in die Freigabespezifikation aufzunehmen.
Für registrierte homöopathische Arzneispezialitäten ohne festgelegte Dosierungsangaben gelten die oben genannten Grenzwerte im Sinne eines „Worst-Case-Szenarios“ pro Behältnis.
Ein reduziertes Testschema ist grundsätzlich akzeptabel. Die Testfrequenz muss in Abhängigkeit von der tatsächlichen Kontamination und dem Limit in der Freigabespezifikation festgelegt werden. Ausgehend vom Testschema, das von einer maximalen Exposition von 1,0 µg pro Tag für einen Erwachsenen ausgeht, ist unter Berücksichtigung von Dosierungen für Kinder und Jugendliche folgendes Testschema in Abhängigkeit von den verfügbaren Daten aus Chargenanalysen anzuwenden:
- Keine oder sehr geringe Kontamination. 90% der untersuchten Chargen einer homöopathischen Zubereitung pflanzlichen Ursprungs führen zu einer Kontamination im Fertigprodukt von ≤ 10,0% des Limits in der Freigabespezifikation, keine Charge führt zu einer Kontamination im Fertigprodukt von mehr als 35,0% dieses Limits: Skip testing ist akzeptabel. Der Testplan ist auf Basis von Daten aus Chargenanalysen zu rechtfertigen und muss im Verfahren (Zulassung, Registrierung, Änderung) genehmigt werden.
- Geringe Kontamination. 90% der untersuchten Chargenanalysen einer homöopathischen Zubereitung pflanzlichen Ursprungs führen zu einer Kontamination im Fertigprodukt von ≤ 35,0% des Limits in der Freigabespezifikation (unter Berücksichtigung der maximalen Dosierung aller Altersgruppen), keine Charge führt zu einer Kontamination im Fertigprodukt, die das Limit gemäß Spezifikation übersteigt: Skip testing in kürzeren Intervallen ist akzeptabel. Zu Dossieranforderungen siehe Kategorie1.
- Relevante Kontamination. Wenn die Kategorien 1 oder 2 nicht zutreffend sind, ist eine Routineprüfung auf PA in der Freigabespezifikation festzulegen.
Im Fall des Wechsels von Lieferanten des pflanzlichen Ausgangsstoffs muss das reduzierte Testschema im Zuge eines Änderungsverfahrens neu bewertet werden.
Im Dossier ist auf das Risiko der Kontamination mit PA entsprechend einzugehen.
12. Wie soll die Analyse der PA-Kontamination durchgeführt werden?
Die tatsächliche Prüfung soll bevorzugt an der konzentrierten Zubereitung („stock“) und nur in begründeten Ausnahmefällen evtl. auch am Ausgangsstoff (Pflanzenmaterial) erfolgen. Bei Prüfung am Ausgangsstoff ist besondere Sorgfalt auf die Planung der Probennahme zu legen (Risiko von Spot contamination, das Ph. Eur. Kapitel 2.8.20. ist anzuwenden). Die Analysenergebnisse können rechnerisch auf das Fertigprodukt umgelegt werden. Im Fall von Kombinationsarzneimitteln ist der Beitrag aller Wirk- und Hilfsstoffe zur Gesamtkontamination zu berücksichtigen.
Es wird empfohlen, die Methode von Ph. Eur. Kapitel 2.8.26. (Contaminant pyrrolizidine alkaloids), unter Berücksichtigung der Voraussetzungen zur Validierung und Verifizierung zu verwenden. Die Daten zur Validierung bzw. Verifizierung sowie die Unterlagen zu allen Referenzstandards sind in das Dossier aufzunehmen. Falls diese Methode für Analysen von Proben von Pflanzen, die selbst PA biosynthetisieren (z.B. Arten der Gattungen Cynoglossum, Petasites, Senecio, Jacobaea, Symphytum, Eupatorium, Tussilago) verwendet wird, ist die Eignung produktspezifisch zu belegen.
13. Wie ist die Risikobewertung bezüglich Metallverunreinigungen in Hilfsstoffen und im Fertigprodukt unter Berücksichtigung von Kapitel 5.20 in Ph. Eur. für homöopathische Arzneimittel zu erbringen?
Homöopathika sind nicht von den Bestimmungen in Kapitel 5.20 in Ph. Eur. ausgenommen. Daher sind die Vorgaben der ICH-Guideline Q3D anzuwenden.
Zusätzlich soll die Risikobewertung auch die für alle Arzneimittel zutreffende Leitlinie für die formalisierte Risikobewertung zur Ermittlung der angemessenen guten Herstellungspraxis für Arzneiträgerstoffe in Humanarzneimitteln (2015/C 95/02) berücksichtigen.
Diese Leitlinien sollen, der Kritikalität der Arzneimittel angemessen, angewendet werden. Wenn zutreffend können gleiche Darreichungsformen, sofern sie die gleichen Hilfsstoffe beinhalten, gruppiert und in einem worst case Szenario bewertet werden. Wirkstoffe sollen ebenfalls in angemessener Form (z.B. in Abhängigkeit von der Herkunft des Wirkstoffs und dem Verdünnungsgrad) berücksichtigt werden.
Nationale Neuanträge für die Zulassung/Registrierung homöopathischer Arzneimittel müssen ab dem Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der deutschsprachigen Ausgabe von Ph. Eur. 9.3 im Kapitel 3.2.P.5.5 eine Zusammenfassung der Risikobewertung enthalten.
Für bereits zugelassene/registrierte Homöopathika ist die Einreichung von Variations nur erforderlich, wenn die Risikobewertung Änderungen der Kontrolle von Verunreinigungen, Änderungen oder Austausch von Materialien oder Änderungen im Herstellungsprozess erforderlich machen. (Guidelines of 19 March 2015 on the formalised risk assessment for ascertaining the appropriate good manufacturing practice for excipients of medicinal products for human use Text with EEA relevance).
14. Müssen Hilfsstoffe, die bei der Herstellung von homöopathischen Wirkstoffen verwendet werden, vollständig in der Produktinformation eines homöopathischen Arzneimittels aufgelistet werden?
Nein. Hilfsstoffe, die bei der Wirkstoffherstellung verwendet werden (wie zum Beispiel Lactose, Molke, Saccharose, Honig, Ethanol, Glycerol) und in Spuren im Fertigprodukt enthalten sein können, sind gemäß Leitlinie ‚Excipients in the labelling and package leaflet of medicinal products for human use‘ Rückständen aus der Wirkstoffproduktion gleichzusetzen. Eine Nennung in der Produktinformation mit den korrespondierenden Warnhinweisen ist nur dann erforderlich, wenn die im Fertigprodukt enthaltenen Mengen ein Risiko für den Patienten darstellen können. Folgende Schwellenwerte wurden für national zugelassene oder registrierte homöopathische Arzneispezialitäten festgelegt:
- Lactose: kleiner oder gleich 1 mg pro Tagesmaximaldosis
- Saccharose: kleiner oder gleich 1 mg pro Tagesmaximaldosis
- Invertzucker (Honig): kleiner oder gleich 1 mg pro Tagesmaximaldosis
- Ethanol: kleiner oder gleich 50 mg pro Tagesmaximaldosis
- Glycerol: kleiner oder gleich 10 mg pro Tagesmaximaldosis
Im Fall von registrierten homöopathischen Arzneispezialitäten ohne festgelegte Dosierung wird im Sinn eines `Worst-case-Szenarios´ die Menge des bei der Wirkstoffherstellung verwendeten Hilfsstoffs, bezogen auf den Gesamtinhalt der Arzneispezialität pro Behältnis herangezogen.
Liegt der Gehalt im Fertigprodukt unter diesen Schwellenwerten, ist weder Nennung noch Anführung der Warnhinweise gemäß Excipients-Guideline erforderlich.
Über diesen Schwellenwerten ist eine Listung in der Produktinformation erforderlich, die in der Excipients-Guideline vorgesehenen Warnhinweise sind entsprechend aufzunehmen.
Für den Fall, dass Lactose als Hilfsstoff bei der Wirkstoffherstellung verwendet wird und im Fertigprodukt bei oraler Anwendung in einer Menge von mehr als 1 mg bzw. weniger als 10 mg pro Tagesmaximaldosis enthalten ist, kann in die Produktinformation einer zugelassenen Arzneispezialität zusätzlich zum Warnhinweis gemäß Excipients-Guideline folgender Zusatz aufgenommen werden:
"Dieses Arzneimittel enthält Lactose (weniger als 10 mg pro maximale Tagesdosis). Diese Menge stellt kein Risiko für Patienten mit Lactoseintoleranz dar."
Für registrierte homöopathische Arzneispezialitäten zur oralen Anwendung kann dieser Zusatz in analoger Weise eingefügt werden, wenn weniger als 10 mg Lactose pro Behältnis vorliegen.
Betroffene Zulassungs-/ Registrierungsinhaber können die Produktinformation mit dem nächsten Änderungsantrag diesbezüglich aktualisieren.