Fluorchinolone: Zusammenfassung der öffentlichen Anhörung vom 13.06.2018
Die Europäische Arzneimittel-Agentur (European Medicines Agency, EMA) hat am 13.06.2018 die öffentliche Anhörung zu den Auswirkungen von möglichen Nebenwirkungen von Fluorchinolonen, einer Gruppe von Antibiotika, die in der Europäischen Union (EU) häufig verschrieben werden (wie z.B. Ciprofloxacin, Ofloxacin, etc.), abgehalten und dabei PatientInnen, ÄrztInnen, medizinischem Fachpersonal, Pflegepersonal, ApothekerInnen, WissenschafterInnen und allen anderen interessierten Personen die Möglichkeit gegeben, ihre Sichtweisen und Erfahrungen kundzutun.
Zur Vorbereitung auf die öffentliche Befragung wurden von der EMA drei Fragen an die Rednerinnen und Redner gestellt:
- Welche Rolle spielen die Fluorchinolone Ihrer Ansicht nach bei der Behandlung von Infektionen?
- Wie schätzen Sie die Risiken ein, die mit Fluorchinolonen verbunden sind?
- Welche weiteren Maßnahmen könnten Ihrer Meinung ergriffen werden, um die sichere Anwendung der Fluorchinolone zu optimieren?
Die öffentliche Anhörung war Teil der Neubewertung durch den Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (Pharmacovigilance Risk Assessment Committee, PRAC) bezüglich schwerer und langanhaltender oder persistierender Nebenwirkungen, die vorwiegend Muskeln, Sehnen und das Nervensystem betreffen. Einige dieser Nebenwirkungsberichte haben Patientinnen und Patienten betroffen, die eine weniger ernsthafte Infektion hatten und die auch mit anderen Antibiotika hätten behandelt werden können.
Die Hauptpunkte die während der Anhörung seitens der SprecherInnen geäussert wurden:
- Die Symptome waren lebensverändernd und weitreichend.
- Patienten erhielten zu wenig Informationen über die Risiken.
- Im Allgemeinen waren sich die Angehörigen der Gesundheitsberufe nicht über die Bandbreite und Schwere möglicher Symptome im Klaren, mit Ausnahme von Achillessehnenschäden.
In der öffentlichen Anhörung wurden folgende Vorschläge gemacht:
- Ein regulatorisches Beschränken der Verwendung von Fluorchinolonen auf Situationen, in denen es keine Alternativen gibt.
- Verbesserung der Ausbildung des medizinisches Fachpersonals (einschließlich während der medizinischen Ausbildung) über die Risken von Fluorchinolonen.
- Unter Berücksichtigung der weit reichenden Symptome der Nebenwirkungen ein zielgerichteter Umgang im Management dieser Patienten
- Verbesserung der Kommunikation über die Fluorchinolon-Toxizität, einschließlich möglicher Risikofaktoren und Beifügen dieser Informationen in die Fach- und Gebrauchsinformationen.
- Förderung der Erforschung wie Fluorchinolonarzneimittel Nebenwirkungen verursachen, einschließlich der genetischen Erforschung über die zugrundeliegenden Mechanismen
Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz wird nun über alle in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansichten einschließlich der schriftlichen Eingaben nachdenken und diese im Rahmen des Verfahrens zur Bewertung der Fluorchinolone berücksichtigen. Die Empfehlungen werden dem Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) übermittelt.
Der öffentliche Bericht ist hier abrufbar: Summary of the EMA public hearing on quinolone and fluoroquinolone antibiotics
Ankündigung der öffentlichen Anhörung:
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Hintergrund zur öffentlichen Anhörung zu Chinolon- und Fluorchinolon-Antibiotika
Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (Pharmacovigilance Risk Assessment Committee, PRAC) hat entschieden, im Rahmen der Bewertung der Fluorchinolone eine öffentliche Anhörung zu organisieren, um die Erfahrungen der interessierten Parteien direkt zu hören, so dass diese in die Empfehlung des Ausschusses miteinbezogen werden können.
Im Februar 2017 hat das PRAC eine Bewertung oraler, injizierbarer und inhalierbarer Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinolone gestartet, um die Persistenz seltener schwerwiegender Nebenwirkungen zu bewerten, die hauptsächlich Muskeln, Gelenke und das Nervensystem betreffen und von denen einige von langer Dauer sein können. Im Verlauf der Bewertung hat die EMA ein wachsendes öffentliches Interesse an der Sicherheit dieser Arzneimittel beobachtet. Angesichts dieses erhöhten Interesses, hält das PRAC es für sinnvoll, eine Anhörung durchzuführen, um ein besseres Verständnis für die Ansichten der Öffentlichkeit zu den Risiken, die mit dem Gebrauch dieser Antibiotika einhergehen und der Durchführbarkeit bestimmter Maßnahmen zur Optimierung des sicheren Gebrauchs zu erhalten.
Start des Sicherheitsverfahren
Die Europäische Arzneimittel-Agentur (European Medicines Agency, EMA) hat in ihrem Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (Pharmacovigilance Risk Assessment Committee, PRAC) ein Verfahren gestartet, um Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinolone hinsichtlich der Persistenz schwerwiegender Nebenwirkungen wissenschaftlich neu zu bewerten. Diese Nebenwirkungen sind von besonderer Bedeutung, wenn die Medikamente für weniger schwere Infektionen eingesetzt werden.
Das Verfahren wurde wegen Berichten über lang anhaltenden Nebenwirkungen gestartet. Bislang gab es keine EU-weite Bewertung, die sich speziell mit der Persistenz dieser Nebenwirkungen beschäftigt. Im Verfahren werden nun alle verfügbaren Daten bewertet und entschieden, ob neue Maßnahmen zur Risikominimierung oder Änderungen in der Anwendung dieser Arzneimittel notwendig sind.
Fluorchinolone werden in der EU häufig verschrieben und sind wichtige Behandlungsmöglichkeiten bei schwerwiegenden, lebensbedrohenden bakteriellen Infektionen. Den Ärztinnen und Ärzten wird empfohlen, diese Arzneimittel weiterhin, wie in der Fachinformation beschrieben, anzuwenden.
Fluorchinolone sind eine Klasse von Breitbandantibiotika, die gegen gramnegative und grampositive Bakterien wirksam sind. Das Bewertungsverfahren umfasst die folgenden Wirkstoffe: Cinoxacin, Ciprofloxacin, Enoxacin, Flumequin, Levofloxacin, Lomefloxacin, Moxifloxacin,Nalidixinsäure, Norfloxacin, Ofloxacin, Pefloxacin, Pipemidinsäure, Prulifloxacin und Rufloxacin.
Die Bewertung betrifft nur inhalative und systemisch angewendete Arzneimittel (oral oder per Injektion). Topische Anwendungen, die direkt auf der Haut, den Augen oder den Ohren angewendet werden, sind nicht in die Bewertung einbezogen.
Patientinnen und Patienten, die während des laufenden Risikobewertungsverfahrens Fragen haben, sollten sich an ihre Ärztin/ihren Arzt oder Apothekerin/Apotheker wenden.
Details zu dem Verfahren können unter folgendem Link bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) abgerufen werden: Quinolones and fluoroquinolones containing medicinal products
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